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Eismeister Zaugg: Weshalb die SRF-Pläne bezüglich Hockey fraglich sind

A camera of Swiss TV broadcaster RSI SRG captures the game the game between Team Canada and Mountfield HK at the 91th Spengler Cup ice hockey tournament in Davos, Switzerland, Tuesday, December 26, 20 ...
Eine SRF-Kamera während des Spengler Cups.Bild: SPENGLER CUP
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Missmanagement – auf Jahre hinaus keine Live-Bilder der Hockey-Meisterschaft für die SRG?

Die SRG verzichtet ohne Not vorzeitig auf die TV-Produktion im nationalen Eishockey ab 2027 und verkündet den entsprechenden Personal-Abbau. Mit diesem Verzicht steigt das Risiko für Leutschenbach, bei der aktuell laufenden TV-Rechte-Vergabe für die National League erneut leer auszugehen.
02.07.2025, 06:1502.07.2025, 15:19
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Die laufenden Bilder aus den Stadien unserer höchsten Liga sind von bester Qualität. Sie werden für rund 6 Millionen pro Saison von der SRG produziert. Weil es hin und wieder Engpässe gibt, werden knapp 15 Prozent der NL-Spiele von Drittfirmen übernommen. Der Vertrag zwischen der National League und der SRG gilt noch für die TV-Produktion der nächsten und übernächsten Saison. Also bis 2027. Die Erfüllung dieses Kontraktes steht nicht zur Debatte. Ab 2027 werden Produktion und TV-Rechte neu vergeben.

Aber die SRG hat jetzt schon verkündet, auf die Produktion ab 2027 zu verzichten und sich nicht mehr um den Auftrag zu bewerben. Das staatstragende Fernsehen ist allerdings noch zwei Spielzeiten (2025/26 und 2026/27) dazu verpflichtet, mehr als insgesamt 800 Partien der nationalen Meisterschaft zu produzieren. Mit dem Personal, das nun zutiefst verärgert und verunsichert ist. Betroffen vom Produktionsverzicht sind insgesamt mehr als 500 Personen. Festangestellte und im Mandat beschäftigte.

Die National League muss ab 2027 ihre Spiele also mit einem anderen Partner produzieren. Ein Problem ist das nicht. Den Auftrag können auch andere Firmen als die SRG stemmen, müssen aber das Personal aufstocken. Und wo finden die künftigen Hockey-Produzenten die besten Leute? Bei der SRG. Dort können sie sich nun ab sofort «bedienen». Die Besten sind nun auf Stellensuche und wer kann, wird so bald wie möglich bei privaten TV-Produktionsfirmen anheuern. Der Knowhow-Verlust für die SRG wird schon mittelfristig beträchtlich sein.

Womit wir bei der nächsten Absurdität sind: Die SRG verzichtet ab 2027 keineswegs vollständig auf die Produktion von Hockeyspielen. Sie will halt nur noch die Sportanlässe – also auch die Hockey-Spiele – produzieren, für die sie auch die Primär-Rechte bekommt. Bedeutet im Hockey: Den Spengler Cup und die Länderspiele in der Schweiz werden weiterhin von der SRG übertragen und produziert. Für diese Spiele besitzt Leutschenbach die Live-Rechte.

Die Produktion für Hockeyspiele könnte zwar künftig komplett bei privaten Firmen eingekauft werden. Dann wird der Spareffekt allerdings geschmälert. Die ganze Geschichte hat auch eine nicht zu unterschätzende politische Bedeutung. Die sogenannte «Halbierungs-Initiative» (Reduktion der obligatorischen Gebühren für Radio und Fernsehen von 335 Franken auf 200 Franken) kommt voraussichtlich im Juni 2026 vors Volk.

Wer politische Polemik mag, sagt: Gehört denn zum Service Public, auf den sich die SRG gerne beruft, nicht auch eine qualitativ hochstehende Produktion von Sportereignissen, die in unserem Land stattfinden? Und die Übertragung dieser Sportereignisse?

Politisch ist das zweifelsfrei so. Juristisch gibt es dafür keine Verpflichtung. Aber im Hinblick auf die «Halbierungs-Initiative» ist der bereits jetzt verkündete Verzicht auf die Hockey-Produktion kein kluger Schritt. Die Frage ist natürlich: Was ist die tatsächliche Motivation für diese – excusez l’expression – Kalberei? Wer sagt, es sei kindischer Trotz, dürfte der Wahrheit nahekommen.

Hockey ist im Land populär wie nie. Die nationale Meisterschaft hat soeben einen neuen absoluten Zuschauerrekord erreicht – und im öffentlich-rechtlichen Fernsehen sind keine Live-Bilder unserer Meisterschaft zu sehen. Die SRG hat seit nunmehr drei Jahren keinerlei Liverechte mehr in einer der populärsten nationalen Meisterschaften. Zwischen September und Ende April kann der Gebührenzahlende keine Live-Bilder aus der Qualifikation oder den Playoffs sehen.

Die SRG hat darüber hinaus keine Hockey-Spezialsendung mehr und begnügt sich während der Qualifikation weitgehend auf Radio-Liveübertragungen im Internet. So wie einst das kultige Sportradio von Adrian Fetscherin.

Dabei ist es nicht einmal so, dass die Live- und Vermarktungs-Rechte der National League unverhältnismässig teuer wären (rund 30 Millionen pro Saison). Kritiker und Kenner sagen: Selbstüberschätzung (oder Arroganz) bei den Verhandlungen über die TV-Rechtevergabe habe zum Scheitern geführt.

Nun halt die Retourkutsche? Abwegig ist das nicht. Nach dem Grundsatz: Wenn wir schon die Rechte nicht bekommen haben, wollen wir künftig auch mit dem nationalen Hockey nichts mehr zu tun haben. Was die SRG sogar offiziell bestätigt: Man wolle sich künftig auf die Produktion jener Spiele und Sportarten fokussieren, für die man auch die Übertragungsrechte habe, so die SRG in ihrer Mitteilung. Sowohl für die Eishockey-Meisterschaft als auch die Europacup-Spiele (Champions League, Europa League und Conference League) besitzt die SRG derzeit keine Primär-Rechte.

Die TV-Produktion vom Besitz der Rechte abhängig zu machen ist eine seltsame, wenn nicht gar absurde Strategie. Ja, im Grunde eine versteckte Erpressung: Lass uns produzieren und dann senden wir – und sonst nicht. Eine Rechnung, die nicht mehr aufgeht, aber für Missmut in einer ohnehin politisch aufgeheizten Medienwelt sorgt und Verhandlungen für den Erhalt künftiger Rechte sicherlich nicht erleichtert: Heute sind längst andere Unternehmen dazu in der Lage, TV-Bilder von Sportanlässen in guter Qualität zu produzieren. Und private TV-Stationen können für die landesweite Verbreitung der Bilder sorgen.

Konsequent wäre theoretisch der Verzicht auf die gesamte Produktion von TV-Bildern im Sport. Also die Auflösung der entsprechenden Unternehmenseinheit und Vergabe der Aufträge an private Firmen. Aber wenn die SRG die TV-Produktionen einkaufen muss, ist der Spareffekt gering und bei schwieriger und aufwändiger zu produzierenden Sportereignissen als Hockey- oder Fussball-Spielen wäre die Qualität nicht mehr gesichert.

Mit dem vorzeitigen und ohne Not verkündeten Verzicht auf die TV-Produktion im nationalen Eishockey ab 2027 könnten die Chancen auf den Erwerb der Live-Rechte an der nationalen Meisterschaft (die Ausschreibung läuft noch bis Mitte Juli) ab der Saison 2027/28 sinken. Zumal sich diese Saison gezeigt hat, dass sich die Vergabe der Live-Rechte im frei empfangbaren Fernsehen an private Stationen im Eishockey vorzüglich bewährt.

Die Gleichung «die SRG überträgt unseren Sport, also sind wir und sonst nicht» gilt im nationalen Eishockey nicht mehr. Auch nach 2027, ja auf unbestimmte Zeit hinaus weiterhin keine Live-Bilder im öffentlich-rechtlichen Fernsehen aus Bern, Davos, Ambri, Langnau, Lugano, Genf oder Zug: Das sind die durchaus realistischen Aussichten für die Hockeyfans.

Und ebenso durchaus könnten diese den ein oder anderen Hockeyliebhaber dazu verleiten, über ein «Ja» zur sogenannten «Halbierungs-Initiative» nachzudenken.

Das Wort Missmanagement ist boshaft. Aber nicht gänzlich unberechtigt.

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quelle: keystone / ennio leanza
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145 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Beat_
02.07.2025 06:56registriert Dezember 2018
Ich finde durchaus dass die SRG das Recht und die Pflicht hat über Produktionen nachzudenken, die sie selber nicht ausstrahlen können.
Und wenn die Sportverbände meinen dass es mehr bringt Liveübertragungsrechte an Private abzugeben, dann ist es erstmal ein Problem der Verbände und Privaten, für vernünftige Bilder zu sorgen. Und die dind dann wahrscheinlich nicht mehr do günstig zu haben wie bei der SRG.

Und was ich auch feststelle: Du schreibst von den Zwangsgebühren..., dass sieht für mich nach Voreingenommenheit aus und nicht nach neutraler Berichterstattung.
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StellaStracciatella
02.07.2025 07:00registriert Juni 2020
„Mit dem Personal, das nun zutiefst verärgert und verunsichert ist.“

Im Gegensatz zu ihren zahlreichen „Bashing“ Artikeln gegen die SRG, wissen deren Mitarbeiter, wie man sich professionell verhält und werden die Spiele bis zum Ende in der gewohnten Qualität produzieren.

Sie waren ja sowieso noch nie zufrieden damit, wie die SRG mit der EH-Berichterstattung umgeht und immer hoch erfreut darüber, dass diese die Übertragungsrechte nicht mehr besitzen.

Nein, die SRG muss nicht die Bilder liefern für etwas, dass sie selber nicht oder nur zu Unzeiten senden darf.
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Zanzibar
02.07.2025 06:35registriert Dezember 2015
Wenn man das aufgibt muss es sich um ein Verlustgeschäft handeln.
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